„Wenn ein neuer Kunde gewonnen ist, beginnt erst die eigentliche Arbeit. Denn für langfristige Geschäftsbeziehungen muss es auch auf der persönlichen Ebene funktionieren.“
– Rainer Skazel
Neue Kunden haben sich bei Ihnen angekündigt. Sie begrüßen das Ehepaar, das um die 50 ist, freundlich und zuvorkommend, werden aber selbst von dem Mann, der der Wortführer zu sein scheint, sehr barsch und herrisch behandelt, fast wie ein Angestellter. So geht das das ganze Beratungsgespräch über.
Was können Sie tun, um solche Kunden ab sofort besser einzuschätzen und besser auf sie einzugehen? Wie können Sie zu solchen und allen anderen Kunden eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen, um eine gute Basis für eine Zusammenarbeit zu haben? Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung im Vertrieb weiß ich, wie wichtig es ist, den anderen so zu behandeln, wie er gerne behandelt werden möchte. Dieser Inbegriff der Kundenorientierung bedeutet nichts anderes als erkennen zu können, mit welchem Kundentyp man es im Einzelfall zu tun hat und wie man mit ihm umgehen muss. Das setzt jedoch zunächst einmal voraus, dass man sich selbst „kennt“, denn nur so lässt sich auch eine gemeinsame „Sprache“ finden.“
Doch wie also kann man schnell und typgerecht einen guten Kontakt zu seinen Kunden aufbauen? Hier hilft das Typenmodell des DIV. Es unterscheidet grundsätzlich zwischen vier Basistypen:
- Der rote Typ: Er ist eine Autorität, ein Macher und Cheftyp. Er steckt sich klare Ziele, die er ehrgeizig und
konsequent umsetzt. Er fällt gerne Entscheidungen, geht gerne Risiken ein und bringt Geschäfte voran und zum
Abschluss. - Der gelbe Typ: Er strahlt Optimismus, Lebensfreude und Begeisterung aus. Er kommt leicht mit anderen Menschen in
Kontakt, redet gerne, hört dafür aber kaum zu. Er mag die Abwechslung, ist gerne unterwegs und äußerst aktiv. - Der grüne Typ: Er wirkt emotionslos und reserviert. Dahinter verbirgt sich aber ein sehr gefühlvoller und
verständnisvoller Mensch. Fasst er Vertrauen, dann öffnet er sich und offenbart viel von sich. Er hat aber nicht
das Bedürfnis, mit vielen Menschen in engen Kontakt zu treten. - Der blaue Typ: Er ist sehr zurückhaltend und mehr an Informationen als an Menschen interessiert. Er hat Angst,
Fehler zu machen und meidet Risiken und Veränderungen. Er ist gewissenhaft, analytisch und sehr kritisch sich und
anderen gegenüber.
Jeder Mensch hat etwas von jedem dieser vier Farbanteile. Allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Bei den meisten von uns überwiegen ein oder zwei Farben. Je nachdem, welcher Typ der jeweilige Kunde ist, bevorzugt er unterschiedliche Verhaltensweisen – und möchte am liebsten so behandelt werden, wie es seiner eigenen Art entspricht. Ich rate daher immer, dass man sich rasch in den Typ des jeweiligen Kunden einfühlen und diesen entsprechend seines Persönlichkeitstyps ansprechen und behandeln sollte. Dafür müssen Sie aber Ihre Kunden einordnen können und erkennen, welche Farbanteile überwiegen. Meist ist jeder Typ aber an „typischen“ Verhaltensweisen leicht zu erkennen.
Der „rote“ Typ hat beispielsweise meistens einen festen Händedruck und eine energische Haltung, die Ungeduld ausdrückt. Er kommt in Gesprächen direkt zur Sache und redet mehr, als er zuhört – überlassen Sie ihm also die Gesprächsinitiative. Seine Stimme ist direkt und trocken, seine Intonation kraftvoll und er verfügt über ein schnelles Sprechtempo. Von seinen Eigenschaften her kann man den roten Typen als streitlustig, herausfordernd, aktiv, entschlossen, selbstbewusst und energisch sehen. Bei einem solchen Kunden sollten Sie sofort zur Sache kommen und Smalltalk vermeiden und Ihr Gespräch auf belegbaren Fakten aufbauen und durch Ergebnisse überzeugen. Gewünscht ist vom roten Typen am besten eine sachliche und nicht emotionale Argumentation, die klar und strukturiert und logisch im Aufbau ist. Binden Sie Ihren Gegenüber aktiv ins Gespräch ein und bieten Sie ihm Alternativen an. Schlecht wäre es, wenn Sie bei einem Gespräch mit einem roten Kunden nicht vorbereitet sind, zu langsam sprechen, sich wiederholen, ausschweifen oder emotional kommunizieren.
Jeder Typ braucht individuelle Ansprache
Der „gelbe“ Typ dagegen ist humorvoll, spontan und gesellig. Ein Gespräch mit ihm kann fast freundschaftlich und vertrauensvoll geführt werden. Ihn zeichnen eine lebhafte Mimik und eine lässige Körperhaltung aus, außerdem sucht er oft Körperkontakt. Der gelbe Typ teilt seine Gefühle gerne mit und erzählt oft Geschichten oder Anekdoten. Er spricht schnell und verfügt über ein großes Stimmvolumen. Nehmen Sie sich Zeit für den Beziehungsaufbau zu einem gelben Typen, nennen Sie ihn oft beim Namen und unterstützen Sie seine Meinungen und Ideen. Ideal ist es auch, Referenzen von anderen Kunden zu erwähnen und ihm aufmerksam zuzuhören. Keinesfalls sollten Sie den gelben Typen von oben herab behandeln oder pausenlos und zu viel sprechen. Wenn Sie das Gespräch beherrschen wollen, ist das schlecht. Eine typische Frage, an der man einen gelben Typen erkennt, lautet zum Beispiel: „Ich kaufe schon, seit ich denken kann, bei Ihnen und würde es immer wieder tun. Was lässt sich da preislich noch machen?“
Im Gespräch mit einem grünen Typen werden Sie auf einen umgänglichen, sympathischen, vertrauensvollen und entgegenkommenden Menschen treffen. Er ist meist rücksichtsvoll und mitfühlend, was dazu führen kann, dass er leicht ausgenutzt wird. Der grüne Typ hört gerne zu, spricht selbst weniger und weicht kaum von seiner Meinung ab. Sein Händedruck ist eher sanft, er kann seinem Gesprächspartner nicht gut in die Augen schauen. Seine Stimme ist zwar kräftig und warm, aber sein Sprechtempo eher langsam. Hier bietet es sich an, zum Einstieg in das Gespräch erstmal über persönliche Themen zu sprechen, um gemeinsame Interessen zu finden. Gehen Sie auf eine informelle und entspannte Art vor, vermitteln Sie ihm einen detaillierten Plan und Sicherheit. Sofort auf den Punkt zu kommen und dem grünen Typen ausschließlich Fakten und Zahlen zu nennen, führt nicht zum Erfolg. Auch Versprechungen zu machen, die man nicht einhalten kann oder eine sofortige Entscheidung einzufordern, ist eher kontraproduktiv. Sein Vertrauen müssen Sie sich erst erarbeiten.
Vertrauen als Ausdruck intakter Beziehungen
Der blaue Typ als Gesprächspartner ist sehr logisch, analytisch und sachlich in seinem Denken. Er wägt alles genau ab und geht dabei vorsichtig und diplomatisch vor. Sein Händedruck wirkt eher kühl und seine Haltung ist kontrolliert und streng, mit wenigen Bewegungen. Er verfügt über eine stabile Stimmqualität, spricht aber eher langsam und teilt seine Gefühle nur ungern mit. Wahren Sie im Gespräch am besten eine gewisse Distanz und bereiten Sie sich ideal vor, tragen Sie nur belegbare Informationen zusammen und gehen Sie ruhig und strukturiert vor. Sich zu widersprechen, impulsiv oder drängend zu sein, ist bei dem blauen Typen ein großer Nachteil. Denn ihn überzeugen Sie mit Kompetenz und Zuverlässigkeit. Eine typische Frage, die ein blauer Typ stellen könnte, wäre zum Beispiel: „Wurde das Produkt von Stiftung Warentest erprobt?“ Oder er fragt nach Qualitätskennziffern.
Wenn Sie lernen, Ihre Kunden richtig einzuschätzen, hilft Ihnen das, dem potenziellen Interessenten oder Bestandskunden dauerhaft und positiv in Erinnerung zu bleiben. Denn gegenseitiges Vertrauen ist nicht zuletzt Ausdruck einer intakten Beziehung – das gilt für den Job genauso wie fürs Privatleben. Deshalb gelten auch hier dieselben Regeln, wie sich Vertrauen aufbauen und gewinnen lässt.